Zur Verkehrspolitik — Rede von Dirk Hillbrecht zur Aktuellen Stunde im Rat vom 26. Januar 2012

Rede von Dirk Hill­brecht im Rah­men der Aktu­el­len Stun­de zum The­ma „Reiz­the­men City­ring, Pod­bi und mehr: Was tut Han­no­ver eigent­lich für die Auto­fah­rer?”, bean­tragt von der Frak­ti­on „Die Hannoveraner”.

Mitschnitt der aktuellen Stunde von h1, Redebeitrag von Dirk Hillbrecht ab 23:30
Mit­schnitt der aktu­el­len Stun­de von h1, Rede­bei­trag von Dirk Hill­brecht ab 23:30
Sehr geehr­ter Herr Oberbürgermeister,
Herr Vor­sit­zen­der, mei­ne Damen und Herren,
Fra­gen wir nicht, was Han­no­ver eigent­lich für „die Auto­fah­rer“ tut. Fra­gen wir lie­ber: Was kön­nen „die Auto­fah­rer“ eigent­lich für Han­no­ver tun?

Ein­sei­ti­ge The­sen wie: „Reiz­the­men City­ring, Pod­bi und mehr: Was tut Han­no­ver eigent­lich für die Auto­fah­rer?“ brin­gen uns nicht weiter.

Für ein har­mo­ni­sches Mit­ein­an­der ist eine Spal­tung in „die Auto­fah­rer“, „die Rad­fah­rer“, „die Fuß­gän­ger“ und so wei­ter nicht ziel­füh­rend. Es käme ja schließ­lich auch nie­mand auf die Idee, zwei Per­so­nen, die sich im Rat „Die Han­no­ve­ra­ner“ nen­nen, mit allen Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­nern Han­no­vers gleichzusetzen.

Mei­ne Damen und Her­ren, die Stadt­ent­wick­lung ist im Wan­del. Der Anteil der Nut­zer des Öffent­li­chen Per­so­nen-Nah­ver­kehrs sowie der Rad­fah­rer am Gesamt­ver­kehr soll erhöht wer­den. Ein wich­ti­ges Ziel, denn nur so bleibt auf den Stra­ßen über­haupt Platz für den Auto­ver­kehr. Und was noch wich­ti­ger ist: Nur so kön­nen anspre­chen­de Ver­kehrs­räu­me für die unter­schied­li­chen Ver­kehrs­teil­neh­mer, auch Fuß­gän­ger, entstehen.

Der Mas­ter­plan Mobi­li­tät 2025 ver­sucht eine sol­che lang­fris­ti­ge Gesamt­pla­nung dar­zu­stel­len. Dies ist ein guter Ansatz, denn vie­le Fak­to­ren bedin­gen sich gegen­sei­tig. Ziel soll­te es sein, den Ver­kehrs­raum als Lebens­raum zu gestal­ten, in dem sich alle Men­schen wohl­füh­len und an ihm teil­ha­ben können.
Die Fra­ge: „Was tut Han­no­ver eigent­lich für die Auto­fah­rer?“ unter­stellt, dass es momen­tan Pro­ble­me gäbe. Ist das so?

Schau­en wir uns das doch mal am Bei­spiel eines Autos in Han­no­ver an: Da star­tet so ein armes, klei­nes, benach­tei­lig­tes Auto mit sei­nem Fah­rer mor­gens in den han­no­ver­schen Ver­kehrs­dschun­gel. Wenn es ihm gelingt, den meter­tie­fen Schlag­lö­chern zu trot­zen, trifft es nur Sekun­den spä­ter auf über­las­te­te Abbie­ge­spu­ren. — Und muss an gro­ßen Kno­ten­punk­ten wie dem Aegi oder am Rasch­platz ewig war­ten, denn gefühlt fah­ren doch immer die ande­ren zuerst. Vor allem die­se ner­vi­gen Rad­fah­rer! Als ob durch die Bau­stel­len an jeder Ecke nicht schon genug Zeit ver­lo­ren ginge!

Da sucht sich unser armer Auto­fah­rer doch lie­ber einen ruhi­gen, geschütz­ten Platz auf einer schö­nen Park­pa­let­te am Maschsee, oder in einer Tief­ga­ra­ge in der Süd­stadt, um in Ruhe über den flie­ßen­den Ver­kehr flu­chen zu kön­nen. Und wie gern wür­de unser armer Auto­fah­rer sein lie­bes Fahr­zeug mal wie­der so rich­tig her­aus­put­zen und am Stra­ßen­rand waschen — allein des­we­gen schon, um mit Lei­dens­ge­nos­sen ins Gespräch zu kom­men. Denn geteil­tes Leid ist bekann­ter­ma­ßen hal­bes Leid. Doch selbst das wird einem heu­te nicht mehr gegönnt. Ja, wo blei­ben denn da bloß die guten alten Wer­te? — Zum Glück sind es immer „die Ande­ren“, die bei Bedarf gegen den Fort­schritt sind.

Leis­tungs­fä­hi­ge Magis­tra­len, das Schnell­we­ge­netz, das Stadt­tei­le unter­ein­an­der und Stadt mit Umland schnell und direkt ver­bin­det, oder die unmit­tel­ba­re Anbin­dung an die A2 und A7, zwei der wich­tigs­ten Auto­bah­nen Deutsch­lands – das sind Klei­nig­kei­ten, die schon mal in Ver­ges­sen­heit gera­ten kön­nen, wenn es um das Auto der „Han­no­ve­ra­ner“ geht.

Ein Rad­fah­rer wie­der­um fühlt sich viel­leicht von den lau­ten Autos bedrängt, wünscht sich brei­te­re Rad­we­ge. Und ist genervt von den lan­gen War­te­zei­ten vor den vie­len Ampeln. Denn: Auch für ihn dür­fen „gefühlt“ immer die Ande­ren zuerst fah­ren. Ande­rer­seits freut er sich auf die erhol­sa­me Fahrt durch die Eilen­rie­de, die vie­len Mög­lich­kei­ten sein Fahr­rad sicher anzu­schlie­ßen, oder es auch mal in der Bahn mitzunehmen.

Jemand, dem gera­de die Stra­ßen­bahn vor der Nase weg­ge­fah­ren ist, flucht über die üstra, wäh­rend die Fahr­gäs­te in der Bahn sich über die Vor­rang­schal­tung freu­en, die ande­re Ver­kehrs­teil­neh­mer wie­der­um ver­är­gert. Ich könn­te die­se Lis­te jetzt belie­big wei­ter­füh­ren, hof­fe aber, das Prin­zip ist klar geworden.

Mei­ne Damen und Her­ren, die Fra­ge zu die­ser Aktu­el­len Stun­de wur­de falsch gestellt. Öffent­li­cher Raum ist begrenzt. Es allen Ver­kehrs­teil­neh­mern immer recht zu machen, das ist nicht mög­lich. Schänd­lich aber, mei­ne Her­ren Han­no­ve­ra­ner, schänd­lich ist es, die ver­schie­de­nen Ver­kehrs­teil­neh­mer gegen­ein­an­der aus­spie­len zu wollen!

Die Fra­ge kann doch nur lau­ten: Wie gestal­ten wir unse­re Stadt, unse­re Ver­kehrs­we­ge so, dass wir alle hier gut leben kön­nen? Auto­fah­rer, aber auch Rad­fah­rer, Motor­rad­fah­rer, der Öffent­li­che Per­so­nen­nah­ver­kehr — und natür­lich Fuß­gän­ger, gro­ße und klei­ne, alte und jun­ge – alle eben!

Der ers­te Para­graf der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung drückt das zeit­los und schlicht aus. Dort heißt es: „Die Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr erfor­dert stän­di­ge Vor­sicht und gegen­sei­ti­ge Rück­sicht.“ Und: „Jeder Ver­kehrs­teil­neh­mer hat sich so zu ver­hal­ten, dass kein Ande­rer geschä­digt, gefähr­det oder mehr, als nach den Umstän­den unver­meid­bar, behin­dert oder beläs­tigt wird.“

Dem habe ich nichts hinzuzufügen -

Ach ja: Und im Übri­gen bin ich der Mei­nung, dass der D‑Tunnel gebaut wer­den muss!
Vie­len Dank!