In seiner Sitzung am 21. Februar 2013 beriet der Rat der Landeshauptstadt Hannover abschließend über den Haushaltsplan für das Jahr 2013 einschließlich des Investitionsprogramms 2012 — 2017. Der Vorsitzende der PIRATEN-Fraktion, Dr. Jürgen Junghänel, hielt dabei die folgende Rede:
„Liebe Zuhörer,
Herr Ratsvorsitzender,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
vor einem Jahr waren wir ganz neu dabei. Neugierig und hoch motiviert saßen wir hier. „Klar machen zum Ändern“ war und ist unser Motto: Hier im Rat hatten wir die Hoffnung, dieses oder jenes bewegen zu können. Wir bauten darauf, verkrustete Strukturen aufbrechen zu können, wenn wir ohne Scheuklappen auf andere zugehen. Doch die Realität holte uns schneller ein als uns lieb war.
Wir stießen auf festgefahrene Verfahrensabläufe, auf eine Mentalität unter dem Motto: „Warum sollten wir etwas ändern, das machen wir doch schon immer so.“ In Hannover, so unsere Erfahrung, lehnt die Mehrheitskoalition nahezu jeden Antrag ab, der nicht den Stempel „SPD/Grün“ trägt. Ablehnung unabhängig vom Inhalt, Ablehnung aus Prinzip – so, wie das hier in Hannover schon seit einem Vierteljahrhundert praktiziert wird.
Jetzt ahnen wir, wie sich die Vertreterinnen und Vertreter in den 13 Stadtbezirksräten vor Ort oft fühlen werden: Anträge verhallen ungehört, gute Ideen finden selten Eingang in die Beratungen auf Ratsebene. Oder gehen dort sang- und klanglos unter.
Mit hohem Engagement haben die Stadtbezirksräte insgesamt 171 Änderungsanträge zum Haushalt 2013 eingebracht. Gemessen daran ist die Zahl der Anträge gering, die inhaltlich aufgegriffen worden sind und sich nun im Haushalt 2013 wiederfinden werden. Das finden wir PIRATEN bedauerlich.
Aber es gibt auch positive Beispiele. Drei will ich nennen:
1. Beispielsweise wurde der Antrag aus dem Stadtbezirk Südstadt-Bult auf Aufnahme des Schmuckplatzes in das Stadtplatzprogramm von der Mehrheitskoalition im Rat übernommen. Das freut uns.
2. Ebenso erfreulich ist, dass der Antrag aus dem Stadtbezirk Bothfeld-Vahrenheide auf zusätzliche Mittel für eine Personalaufstockung des Stadtteilbauernhofs auf Ratsebene Gehör gefunden hat.
3. Ein besonders wichtiges Signal sandten etliche Bezirksräte, indem sie über Parteigrenzen hinweg Anträge für den Erhalt des Bücherbusses beschlossen haben. Es freut uns PIRATEN sehr, dass dadurch die wichtige Institution Bücherbus stadtweit Beachtung gefunden hat und so Bestandteil unserer Haushaltsplanberatungen geworden ist.
Gleichwohl gibt es bezüglich der Bezirksratsanträge insgesamt keinen Grund zur Euphorie: Wie in den Vorjahren wurden die Anträge und Empfehlungen in den Fachausschüssen lediglich zur Kenntnis genommen, ohne tiefergehende Erörterungen oder Abstimmungen.
Und so soll es auch heute hier im Rat laufen. Wir sollen die 171 Anträge en bloc für erledigt erklären, ohne dass im Detail darüber nochmal geredet und abgestimmt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Bezirksräte arbeiten an der Basis. Warum erfährt diese Arbeit eine so geringe Wertschätzung durch uns im Rat?
Die aufrichtige Anerkennung und wirkliche Würdigung der Bezirksratsarbeit ist das Eine. Das Andere aber ist: Mit dem hier eingeschliffenen Verfahren bleiben etliche Anträge auf der Strecke, die eine Berücksichtigung im Haushalt 2013 verdient hätten und über die zu sprechen sich lohnen würde. Deswegen haben wir PIRATEN zehn Anträge inhaltlich übernommen, die bisher auf Ratsebene vollkommen unberücksichtigt geblieben sind.
Die Auswahl steht hier und heute nochmal auf der Tagesordnung. Und: Für uns Ratsmitglieder gibt es erstmals Gelegenheit, darüber jeweils separat abzustimmen. Bei der Auswahl hat uns übrigens nicht interessiert, von wem die Anträge ursprünglich eingebracht worden sind. Die Farbenlehre spielte für uns keine Rolle. Unsere Kriterien waren andere:
- Wir haben erstmal auf den Inhalt geschaut und uns dabei mit unseren Vertretern in den Bezirksräten abgestimmt.
- Zudem haben wir geprüft, ob die Anträge vor Ort eine Mehrheit gefunden haben.
Damit Sie und die interessierte Öffentlichkeit erfährt, um welche Themen es im Einzelnen geht, mache ich zu allen zehn Anträgen kurze Anmerkungen.
Ich fange an mit einem Antrag, dessen Thema die Bürger vor Ort in besonderer Weise bewegt. Ein Thema, das auch im Bezirksrat Linden-Limmer schon sehr hohe Wellen geschlagen hat:
• Die Umsetzung eines Nutzungskonzepts für den Treffpunkt Allerweg droht erneut an der Finanzierung zu scheitern. Der entsprechende einstimmige Antrag aus dem Bezirksrat auf Bereitstellung der notwendigen Mittel wurde von der Ratsmehrheit nicht aufgegriffen. Seit Jahren kämpft der Bezirksrat für eine Lösung des Raumproblems im Treffpunkt Allerweg und wird immer wieder aufs Neue vertröstet. Wie lange soll das denn noch so weitergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen?
• Nicht weniger wichtig ist die Aufnahme des De-Haën-Platz in das Stadtplatzprogramm. Durch das Programm „Hannover schafft Platz“ konnten schon viele Plätze in Hannover moderner gestaltet werden. Unser Ziel ist, dass auch der De-Haën-Platz nach der Altlasten-Sanierung einladend und bedarfsgerecht gestaltet wird.
• Oder die beiden Anträge rund um das Misburger Rathaus, in denen die bessere Ausleuchtung des Parkplatzes hinter dem Gebäude sowie die Sanierung des Rathauses selbst gefordert werden.
• Genauso unterstützen wir die Initiative aus Linden-Limmer, Mittel für die Raumintegration von Räumen der Ihmeschule in die IGS Linden zur Verfügung zu stellen. Wir wollen, dass mehr Raum für inklusive Beschulung zur Verfügung steht.
• Uns interessiert aber auch der Zustand der Sporthalle Eisteichweg. Hier bedarf es dringend einer Erneuerung der Sanitäranlagen, der Belüftung und neuer Bestuhlung.
• Ähnlich verhält es sich mit den Parkmöglichkeiten am Anderter Bahnhof. Hier müssen ein Parkplatz und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder geschaffen und unterhalten werden.
• Ebenso wichtig ist uns die Förderung der Jugendarbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Deshalb unterstützen wir den Wunsch nach baulicher Umgestaltung des Feuerwehrhauses Misburg. Erst dadurch werden Projekte wie z.B. Kinderfeuerwehr oder Integrationsarbeit vor Ort möglich.
• In Döhren erscheint uns der Antrag auf energetische Sanierung und Neugestaltung der Stadtteilbibliothek besonders sinnvoll. Was motiviert mehr zum Lernen und Erleben als eine interessant gestaltete Umgebung?
• Selbstverständlich unterstützen wir von ganzem Herzen die Forderung, allen Bezirksratsmitgliedern die für ihre ehrenamtliche Arbeit notwendigen Laptops zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren,
soweit meine Ausführungen zu den Bezirksräten und ihren Anliegen. Jetzt komme ich zu einem weiteren Thema:
Bei all unseren Handlungen sollten wir immer im Hinterkopf haben, dass künftige Generationen die Folgen unseres Handelns zu tragen haben. Hier spielt die Generationengerechtigkeit eine wichtige Rolle. Der Begriff beinhaltet zum Beispiel die Erwartung, dass es späteren Generationen im Durchschnitt besser geht – oder zumindest nicht schlechter als der heutigen Generation. Das setzt voraus, dass wir uns sorgfältig mit der langfristigen Wirkung von Entscheidungen – auch im Haushaltsbereich — befassen müssen.
In diesem Zusammenhang formulierte der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal diesen Gedanken:
„Allgemein gesagt ist jede parlamentarische Demokratie auf einem Strukturproblem aufgebaut, nämlich der Verherrlichung der Gegenwart und der Vernachlässigung der Zukunft.“
Soweit das Zitat des Alt-Bundespräsidenten. Weizsäckers Gedankengang findet sich auch in der Begründung eines überparteilichen Gesetzentwurfes aus dem Jahr 2007 wieder. Rund 100 Bundestagsabgeordnete, darunter übrigens drei aus Hannover – von FDP, Grünen und SPD -, verfolgten seinerzeit gemeinsam das Ziel, Generationengerechtigkeit im Grundgesetz zu verankern. Der Versuch scheiterte.
Auf kommunaler Ebene haben wir es da etwas leichter, die Frage der Nachhaltigkeit konkret anzufassen. In Hannover gibt es auf verschiedenen Themenfeldern langfristige Planungskonzepte, die auf Nachhaltigkeit setzen. Aber handeln wir auch immer nachhaltig? Ist nicht oft doch das „Hier und Heute“ Ausschlag gebend für die Entscheidungsfindung?
Auch unter dieser Fragestellung betrachte ich nachfolgend einige haushaltsrelevante Vorgänge unserer städtischen Politik. Nachhaltiges Handeln kann sich auf der Ausgabenseite wie auf der Einnahmeseite widerspiegeln. Auf der Ausgabenseite muss man zunächst einmal auf die Substanzerhaltung achten — in der Regel durch Reinvestitionen, die den Abschreibungen entsprechen.
Manchmal ist langfristig günstiger, in den sauren Apfel zu beißen und ein marodes Gebäude durch einen modernen Neubau zu ersetzen. Am Beispiel der IGS Mühlenberg haben wir gesehen, dass Substanzerhalt um jeden Preis eben nicht die nachhaltigste Lösung sein muss.
Dieses Beispiel muss natürlich nicht überall Schule machen. So kann es auf keinen Fall darum gehen, bestehende funktionierende Infrastruktur „auf Teufel komm raus“ zurück zu bauen. Ich denke da insbesondere an die intakte Verkehrsinfrastruktur in unserer Stadt.
„Nachhaltigkeit“ ist das Schlüsselwort für eine langfristige Planung. Schauen wir uns also unter diesem Aspekt einige städtische Planungsvorhaben genauer an:
Vorausschauende Planung ist besonders wichtig bei langfristig wirksamen Investitionen. In kaum einem anderen Bereich wird Langfristigkeit so sichtbar wie bei der Infrastruktur.
Meine Damen und Herren,
sinnvollerweise setzen die Verkehrsplanungen für die Stadt Hannover seit Jahren auf einen möglichst breiten und ausgewogenen Mix der verschiedenen Verkehrsmittel. Stand früher das Auto besonders im Fokus, geht es heute auch um mehr Radverkehr, um Förderung der Fußgänger, um den öffentlichen Personennahverkehr – so weit, so gut. Und so richtig.
Allerdings: Diese sinnvollen Ansätze werden von dem verhängnisvollen Bestreben begleitet, den Verkehrsraum einzuschränken und damit möglichst viele Verkehrsteilnehmer an denselben Platz zu zwingen. Warum werden etliche Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, um auf dem Friedrichswall die Busspur zu entfernen und gleichzeitig noch die Anzahl der Haltestellen zu verringern? Der Bus wird hier künftig mit dem anderen motorisierten Verkehr konkurrieren. Ist dieses Geld wirklich sinnvoll angelegt? Wird hier der öffentliche Personennahverkehr nachhaltig gefördert?
Kosten und Mühen scheint man dagegen zu scheuen, wenn es um die Förderung des Radverkehrs geht: Schauen wir auf die Podbielskistraße, schauen wir auf den Ricklinger Stadtweg und auf viele andere Stellen. Radfahrer werden in zunehmendem Maße auf die Straße gezwungen, auf dort lediglich aufgemalte Radwege. „Schutzstreifen“ wird das dann auch noch genannt — das klingt harmlos und freundlich.
Tatsächlich handelt es sich bei diesen sogenannten „Schutzstreifen“ um eine scheinbar billige, in Wahrheit aber gefährliche Abkehr vom herkömmlichen Radweg. Radfahrer werden hier zu direkten Konkurrenten des motorisierten Verkehrs. Ist das nachhaltig? Fördert man so den Radverkehr?
Ein weiteres Beispiel: In unserer Stadt sind Radschnellwege geplant. Die Mittel hierfür kommen aus verschiedensten Töpfen. Töpfen, die möglichst nicht den eigenen Haushalt belasten. Wenn es aber um die sinnvolle Ausgestaltung solcher Radschnellwege geht, stellt man fest, dass an keiner Stelle Brücken oder neue Unterführungen geplant sind. Solche Maßnahmen würden den Radfahrern ein wirklich schnelles und bequemes Vorankommen ermöglichen. Ist das nachhaltig? Fördert man so den Radverkehr?
Gucken wir nun auf die Fußgänger. Zunehmend werden Fußgänger mit teuren Ampeln zwangsbeglückt. Mit quasi allen umgebauten Stadtbahnhaltestellen geht eine Ampelwut einher. Früher regelte sich alles von selbst mit Übergängen wie Zebrastreifen und Verkehrsinseln. Nun sind Fußgänger hier plötzlich einer völlig überzogenen Regelungswut ausgesetzt. Fördert man so den Fußgängerverkehr?
Meine Damen und Herren,
die Richtung der Verkehrspolitik in dieser Stadt ist auf einer grundlegenden Ebene falsch. Sie orientiert sich an kurzsichtigen Detailinteressen. Das ist eben nicht nachhaltig!
Nirgends wird das deutlicher als bei der unendlichen Geschichte um die Stadtbahnlinie D. Gerade soll ihr wieder ein besonders unrühmliches Kapitel hinzugefügt werden: Da wird eine Stadtbahnstrecke geplant, die keinen eigenen Verkehrsraum bekommen soll. Eine Neubaustrecke ohne jeden Nutzen. Hochbahnsteige mitten auf breiten Straßen. Eine solche Planung ignoriert vollständig die in den vergangenen Jahrzehntenentstandene Infrastruktur.
Und was machen Sie von der Mehrheitskoalition? Sie fördern diesen Quatsch auch noch! Die SPD behauptet allen Ernstes, dies sei die bestmögliche Lösung für den Stadtbahnverkehr aus Ahlem und Linden-Nord.
Dabei gibt es bessere, nachhaltige Lösungen. Lösungen, die sich zu diesen Tatsachen bekennen:
- Gute Verkehrsinfrastruktur braucht genug Raum.
- In hochverdichteten Innenstadtlagen müssen verschiedene Verkehrsströme auf unterschiedliche Ebenen gelegt werden.
Aber hier in Hannover steuern Grüne und SPD ins Verkehrs-Chaos hinein, mit sachlich falschen Argumenten, mit ideologisch verbrämten Pseudolösungen. Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist alles andere als nachhaltig. Das ist kurzsichtig und unverantwortlich.
Vor allem — und damit sind wir wieder beim Geld -, wenn für derartigen Unfug etliche Millionen Euro ausgegeben werden sollen. Was Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hier gemeinsam mit der SPD durchziehen, richtet sich ganz klar gegen die Interessen des Gemeinwohls.
In einem weiteren Bereich handelt die Mehrheitskoalition ganz klar gegen die Interessen des Gemeinwohls — und das schon seit Jahren. Ich rede vom Misburger Bad, von der sogenannten Privatisierung im Jahr 2006. Eine fatale Fehlentscheidung unter Federführung von SPD und Grünen — durchgesetzt gegen die Bedenken der Verwaltung und gegen die Interessen der Beschäftigten.
Das angeblich rentable PPP-Modell war von Anfang an zum Nachteil der Stadtbevölkerung. Das komplexe Vertragswerk bindet Hannover langfristig und schränkt die Politik in der Mitsprache- und Kontrollfunktion erheblich ein. Neben den vertraglichen Zahlungsverpflichtungen bis zum Jahr 2037 gibt es nicht etwa Einnahmen für die Stadt, sondern immer neue Zuschussbedarfe.
Notwendige Investitionen für den Werterhalt des Misburger Bades wurden und werden seitens des privaten Vertragspartners nicht, beziehungsweise nur unzureichend getätigt. Zu einem wirtschaftlichen Betrieb des Bades ist dieser nicht in der Lage. Mit Vertrags-Änderungen und hohen Bezuschussungen versucht die Stadt Hannover seit Jahren, die Fehlplanungen auszugleichen, den Betrieb am Leben zu erhalten und eine Betreiber-Insolvenz abzuwenden.
Es ist nicht Aufgabe unserer dem öffentlichen Interesse verpflichteten und mit öffentlichen Mitteln handelnden Kommune, einem privaten Unternehmen Wirtschaftlichkeit zu garantieren. Einem Unternehmen übrigens, das in tariffreiem Raum auf Kosten der Beschäftigten mit Lohndumping agiert.
Aber SPD und Grüne weigern sich nach wie vor, ihre Fehlentscheidung zu korrigieren und wollen jetzt stattdessen noch mehr Steuergelder zuschießen. Eine nachhaltige Lösung stellt dieses Handeln keinesfalls dar.
SPD und Grüne handeln gegen das Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Auch gegen die Beschäftigten, von denen rund die Hälfte festangestellt ist und niedrige Löhne erhält. Die andere Hälfte besteht aus Aushilfskräften, bei denen der private Bad-Betreiber die Sozialversicherungsbeiträge spart. Das ist weder sozial noch nachhaltig, sondern aktive Aushebelung unseres Sozialsystems durch Sozialdemokraten und Grüne.
Und jetzt wollen die beiden Fraktionen noch mehr Geld ins Misburger Bad versenken, anstatt endlich den Schnitt zu machen und die Rückübertragung vorzubereiten. Eine Re-Kommunalisierung ist die einzige nachhaltige Lösung, die der Bevölkerung sowie Vereinen und Schulklassen langfristig die Nutzung eines modernen Hallen-/Freibades in ihrem Wohnumfeld sichert. Und zugleich den Beschäftigten eine angemessene Bezahlung garantiert.
Meine Damen und Herren,
zum Thema „Zuwendungen“ möchte ich noch einige Worte anfügen.
Zuwendungen können durchaus eine sinnvolle Investition darstellen, beispielsweise für das soziale und kulturelle Leben unserer Stadt. Geförderte Einrichtungen übernehmen wichtige Gemeinschaftsaufgaben. Sie sind nah „am Bürger“ und können schnell auf sich verändernde Bedürfnisse reagieren.
Aber, bei der Vielzahl von Zuwendungen kann schnell der Überblick verloren gehen. Dabei ist doch der verantwortungsvolle Umgang mit den Mitteln der Bürger Aufgabe von uns allen im Rat!
Verantwortungsbewusstsein bedeutet nicht, nur mit dem Rotstift zu arbeiten. Viel wichtiger ist es, immer wieder neu zu prüfen: Hat sich eine Institution oder Maßnahme bewährt? Ist sie noch zeitgemäß? Gibt es neuere – vielleicht auch bessere – Wege zum gleichen Ziel? Existieren konkurrierende Strukturen, die Einsparpotential bieten?
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion zum Thema Mediensucht, die wir im vergangenen Jahr führten – die Einrichtung „Prisma“ erhielt Zuwendungen für eine Maßnahme, die ebenso gut von einem bewährten Akteur mit fundierter Erfahrung in diesem Bereich hätte bewältigt werden können. In diesem Jahr nun wollen SPD und Grüne zusätzlich einen ähnlichen Betrag an die damals schon erkennbar erfahrenere Einrichtung „return“ ausschütten. Konkurrenz soll zwar das Geschäft beleben – wir müssen uns allerdings überlegen, ob wir es uns leisten können. Und vor allem, ob das sinnvoll ist in einem Bereich, für den doch wohl am ehesten erstmals mit einem Modellprojekt praktische Erfahrungen gemacht werden sollten.
Aber wie ich schon sagte, allerorten den Rotstift anzusetzen wäre zu einfach.
Ein Beispiel hat sich mir besonders eingeprägt — vielleicht, weil es einen unserer ersten Anträge im Rat betrifft:
Das Bürgerbüro Stadtentwicklung musste – entgegen unserem Antrag — im letzten Jahr eine empfindliche Zuwendungskürzung um 25 Prozent hinnehmen. 20.000 Euro. Für die Einrichtung ein dicker Batzen, für die Stadtkasse ein vergleichsweise kleiner Betrag — weniger noch, als kürzlich für die Feier zur Verabschiedung unseres ehemaligen Oberbürgermeister mal eben ausgeschenkt wurde.
Zurück zum Bürgerbüro: Dessen Angebot steht Ratsuchenden nicht mehr im gleichen Umfang zur Verfügung wie zuvor.
Ich frage mich, wie sich die im Bürgerbüro Aktiven fühlen mögen, wenn sie ein Jahr später in einem Antrag von SPD und Grünen über steigenden Beratungsbedarf bei Baugemeinschaften lesen. Denn das genau ist eine der Kern-Kompetenzen des Bürgerbüros und seiner Mitarbeiter.
Umso mehr freut es mich, dass nunmehr auch andere den Beratungsbedarf im Bereich gemeinschaftlicher Wohnformen wieder erkannt haben. Und ich bin sehr gespannt, welche „auf diesem Gebiet aktive Einrichtung“ künftig 20.000 Euro für ebendiese Beratung erhalten soll.
Ich möchte mich aber nicht nur mit den Haushaltsanträgen der Mehrheit befassen, sondern auch mit denen der Mit-Opposition.
Da will die FDP 90 Prozent der GBH privatisieren. Das ist ja nun wirklich reine Klientelpolitik. Und überhaupt nicht nachhaltig. Den wenigen Investoren mag es Gewinn bringen. Aber fragen Sie doch die Leute, die in den verkauften Wohnungsanlagen wohnen, ob in Hannover oder Dresden. Denen geht es nicht besser. In unserer Aktuellen Stunde zur Armut wurde kürzlich ausgiebig darauf hingewiesen, wie die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. Nachhaltigkeit bedeutet auch hier: erträgliche, bezahlbare Mieten. Wie bei PPP gilt hier für uns PIRATEN: kein Verhökern städtischen Eigentums an private Investoren.
Da will die CDU 750.000 Euro in neue Hortplätze stecken. Es ist keine Neuigkeit, wenn ich Ihnen sage, dass die Situation im Bereich der Betreuung von Grundschülern schwierig ist.
Der Ausbau von Ganztagsgrundschulen ist im Gange, flächendeckende verlässliche Betreuung lässt auf sich warten. Bestehende Hortplätze müssen also erhalten bleiben, bis die Betreuung anders sichergestellt werden kann – auch in den Schulferien.
Der von der CDU gewünschte Weg – die Schaffung zusätzlicher Hortplätze – kann nicht der Richtige sein. Er bedeutet Festhalten an überholten Modellen und hemmt Ausbau und Akzeptanz der Ganztagsgrundschule erheblich.
Ja, es stimmt: Hortplätze mit ihrer kontinuierlichen Betreuung haben zurzeit auch Vorteile. Aber wir dürfen nicht vergessen: Wir befinden uns momentan in einer Übergangsphase.
Und ja, für diese Übergangsphase müssen wir Lösungen finden, denn der Betreuungsbedarf ist nun mal da. Die Lösung kann aber nicht darin liegen, zwei Systeme – Hort und Ganztagsschule – parallel weiter auszubauen. Nicht nur aus wirtschaftlichem Blickwinkel sind diese Doppelstrukturen falsch.
Eltern erwarten klare Signale und Verlässlichkeit. Das Ziel ist bekannt. Nur der noch schnellere Ausbau des Ganztagsbereichs kann die Lösung sein.
Für uns PIRATEN ist die offene Ganztagsschule ein Schritt in die richtige Richtung — auf dem Weg zur gebundenen Ganztagsschule für alle Schüler. Wir werden nicht vom eingeschlagenen Weg abweichen.
Ich habe jetzt viel zur Ausgabenseite gesagt. Lassen Sie mich noch kurz zu den Einnahmen kommen.
Als Kommune haben wir nicht allzu viele Möglichkeiten, unsere Einnahmesituation zu gestalten. Die Verteilung der Gemeinschaftssteuern, also unsere Anteile an der Umsatz‑, Einkommens- und Abgeltungssteuer, ist nicht steuerbar. Zudem hat der Bund für den größten Teil der Steuern die Gesetzgebungshoheit. Uns bleiben also als wesentliche Realsteuer-Quellen die Gewerbe- und die Grundsteuer. Da hat unser Rat im letzten Jahr eine Erhöhung vorgenommen, auch mit unserer Zustimmung.
In diesem Jahr nun schlagen SPD und Grüne eine ordentliche Erhöhung des Satzes der Automatensteuer von 12 auf 18 Prozent vor. Wir halten die Anhebung dieser kommunalen Steuer für vertretbar, um die Einnahmesituation der Stadt Hannover ein wenig zu verbessern.
Aber, meine Damen und Herren, hier geht es nur um die steuerliche Seite. Als Lenkungsinstrument zur Suchtprävention ist eine Automatensteuer absolut ungeeignet. Hierzu bedarf es anderer Mechanismen.
Hingegen könnte ein Antrag der Linksfraktion tatsächlich eine Lenkungsfunktion entfalten: Ich spreche von der Idee einer Bürgeranleihe zur Förderung und Absicherung des sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus. Das ist ein konkreter Vorschlag mit Charme und unterschiedlichsten Profiteuren:
Bürgerinnen und Bürger könnten ihr Geld werterhaltend und für einen lokalen Zweck anlegen. Innovative Wohnprojekte erhielten eine Anschubfinanzierung und könnten so das soziokulturelle Leben in unserer Stadt bereichern.
Durch mehr bezahlbaren Wohnraum würde sich zudem die Situation auf dem Wohnungsmarkt entspannen. Der Haushalt würde entlastet, die Abhängigkeit vom wechselhaften Finanzmarkt verringert.
Kurzum: Diesem Linken-Antrag kann man nur zustimmen und wir werden das tun.
Nicht zustimmen hingegen können wir der Senkung des Ansatzes der voraussichtlichen Zinsausgaben um 2 Mio. Euro. Das halten wir für einen ungedeckten Scheck, denn niemand kann eine verbindliche Prognose über die Zinsentwicklung geben. Dieser Posten hat mit nachhaltiger Politik nichts zu tun. Es ist vielmehr ein Griff in die Trickkiste der Haushaltspolitik, um auf dem Papier eine ausgeglichene Bilanz vorzugaukeln.
Auch das Investitionsprogramm von 2012 bis 2017 hat bei uns einige Fragezeichen hinterlassen.
Auf der anderen Seite gibt es etliche positive Elemente, beispielsweise bei den Anträgen aus den Ausschüssen.
Insgesamt also hat der diesjährige Haushaltsplan aus unserer Sicht gleichermaßen Licht- und Schattenseiten. Dementsprechend werden wir bei der Gesamt-Abstimmung weder eine reine Opposition noch den Claqueur geben, sondern uns enthalten.
Gleichwohl würden wir uns freuen, wenn unsere zur heutigen Ratssitzung eingebrachten Anträge auf Zustimmung stießen. Insbesondere appelliere ich an die Mehrheitskoalition, den Treffpunkt Allerweg nicht einfach wegzustimmen.
Abschließend gilt mein Dank der fleißigen Verwaltung und all jenen, die mir hier eine halbe Stunde lang ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben.”