Liebe Zuhörer,
Herr Ratsvorsitzender,
Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit heute morgen um 9.30 Uhr sitzen wir hier in diesem Saal. Unser offizielles Thema ist der Haushalt, genauer gesagt: der Haushalt des Jahres 2012 und das Haushaltssicherungskonzept für die Folgejahre, kurz HSK VIII. Geschlagene drei Stunden haben wir alle seitdem damit verbracht, mehr oder weniger spannende Reden zum Haushalt 2012 und zum HSK VIII zu hören.
Ob alle hier die ganze Zeit zugehört haben? Ob jetzt alle mir zuhören wollen? Bei beidem bin ich mir nicht ganz sicher.
Sicher bin ich mir aber, dass die Haushalts- und Finanzpolitik in Hannover nach wie vor eine Männerdomäne ist. Vor mir sprachen fünf Männer. Und nur eine Frau. Die Geschlechter-Quote ist nicht im Mindesten erfüllt. Und trotzdem habe ich hier bis jetzt keinen Aufschrei dazu gehört.
Verehrte alte Häsinnen und Hasen,
- Herr Ratsvorsitzender, ich zitiere gerade den Oberbürgermeister, der diesen Begriff in seiner Einbringungsrede brachte –
also, verehrte Hasen und Häsinnen,
offensichtlich berührt das Gleichstellungsthema doch viele hier in diesem Saal sehr. Deswegen möchte ich einige Worte zum Thema sagen. Die CDU-Fraktion hat beantragt, die Gleichstellungsarbeit künftig als wesentliches Produkt im Haushalt auszuweisen. Damit wäre mehr Transparenz in diesem Bereich hergestellt. Das finden wir gut und unterstützen diesen Antrag.
Liebe Gäste auf der Tribüne,
vielleicht hat sich Ihnen die gleiche Frage gestellt wie uns: Wie kann es eigentlich sein, dass der Rat erst Ende Februar über einen Haushalt beschließt, der bereits ab dem 1. Januar gelten soll? Zwei Monate sind bereits verstrichen. Das Etat-Recht, das Recht also, über die Finanzen unserer Landeshauptstadt zu entscheiden, ist das wichtigste Recht, welches wir als Ratsmitglieder haben.
Wir, die Ratsmitglieder, sollen diese Aufgabe im Auftrag der Bürger erfüllen. Können wir dieser Aufgabe wirklich gerecht werden? Haben alle hier im Rat wirklich die fachliche Kompetenz dafür? Etwa die Hälfte von uns sind Ratsneulinge, so wie wir von der PIRATEN-Fraktion.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
haben Sie in den wenigen Wochen seit vergangenem November, seit Beginn der neuen Ratsperiode, die Systematik des Haushaltes vollkommen verstanden? In allen seinen Verästelungen? Wir sind so frei zuzugeben, dass uns dies nicht gelungen ist. Aber wir haben etwas anderes verstanden: Die wirkliche Kompetenz liegt bei Fachleuten in der Verwaltung. Der Haushaltsentwurf kommt aus der Verwaltung, ist die grobe Richtschnur für die Debatte.
Zusammen mit dem HSK VIII umfasst der Haushaltsentwurf rund 1.000 Seiten. Das Ganze wiegt mittlerweile über zweieinhalb Kilogramm. Der Haushaltsplan kann also in jeglicher Hinsicht als schwere Kost bezeichnet werden.
Als Ratsmitglieder haben wir gegenüber den so genannten Normal-Bürgern das Privileg, dass wir freien Zugriff auf den gesamten Haushaltsplan-Entwurf der Verwaltung haben. Und: die Verwaltung hat uns alle erbetene Unterstützung gegeben bei unserem Versuch, den Haushalt und seine Systematik zu verstehen. Wir möchten uns hier ausdrücklich für die geduldige Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter des Fachbereiches Finanzen bedanken, die uns mit unseren vielen Fragen nicht allein gelassen haben.
Wir hätten noch viel mehr Fragen stellen können, haben es aber gelassen, denn schnell war für uns als Ratsneulinge einer kleinen Zwei-Personen-Fraktion klar: Wir können den Gesamtetat nicht im Detail durchdringen. Und wir haben schnell den Gedanken verworfen, einen Gegenentwurf, gar einen kompletten, entwickeln zu wollen. Das wäre vermessen, besonders in den ersten Wochen unserer neuen Fraktion.
Es gibt weitere Gründe, warum wir uns zurückgehalten haben. Einer ist, dass wir etliche Ansätze des vorgelegten Haushaltsentwurfes positiv bewerten. Ein anderer ist, dass es hier zwei Mehrheitsfraktionen gibt, die ohnehin weitgehend machen können, was sie wollen.
Wir brauchen nur auf die heutige Tagesordnung zu schauen und sehen unter TOP 8: Die meisten Änderungsanträge zum HSK VIII sind rötlich-grün. Diese Anträge werden allesamt abgenickt, selbst wenn die Verwaltung im Einzelfall — intern wie öffentlich — Bedenken angemeldet hat.
Nehmen wir die Grund- und die Bettensteuer. Gerade Sie, Herr Weil, kennen sicher das Gefühl, sich in wichtigen Punkten nicht durchsetzen zu können. Für die Opposition ist so ein Gefühl eher die Regel denn die Ausnahme. Warum sollten dann wir als Oppositions-PIRATEN den Versuch unternehmen, uns vollständig auf die immense Masse der Daten und Details einzulassen? Hätte der Versuch wirklich Sinn, sich in jedes noch so kleine Detail der schwierigen Haushaltsmaterie einzuarbeiten? Wir denken: Nein.
Liebe Zuhörer,
deswegen haben wir nur einen einzigen Etat-relevanten Antrag gestellt, von dem wir überzeugt sind, dass er die Zustimmung nicht nur der Linken erhalten muss, sondern auch von Grünen und SPD:
Wir sind gegen die weitere Kürzung des Etatansatzes für das Bürgerbüro Stadtentwicklung Hannover e.V. Es geht um die bescheidene Summe von 20.000 Euro, im Gesamt-Haushalt ein Kleinbetrag, für die Aktiven des Bürgerbüros aber von erheblicher Bedeutung.
Mit der Bürgerbefragung zur Expo 2000 hatte Hannover ein Zeichen gesetzt. Aber nicht nur die Befragung als solche war bemerkenswert, sondern auch die Vorbereitung: Da stattete der Staat ein Büro mit einem Etat aus, um die Gegner eines Projektes zu unterstützen. Damals setzte sich in Hannover die Erkenntnis durch: Solche logistische Unterstützung von Bürgerbewegungen auf dem Feld der Stadtentwicklung ist sinnvoll und nötig.
Folgerichtig wurde dann 1995 das Bürgerbüro gegründet. Es ist Ihr Kind, liebe Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD. Und Sie sind gerade im Begriff, dieses Kind in den Brunnen zu werfen.
„Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement sind heute geradezu selbstverständlicher Bestandteil kommunaler Planungen und gehören untrennbar zu vielen Bereichen des Lebens in einer Stadtgesellschaft. In Hannover gibt es eine lange Tradition, dass sich Bürgerinnen und Bürger für ihre Mitmenschen einsetzen, sich in die Entwicklung der Stadt einmischen, ihre Fähigkeiten dem Allgemeinwohl zur Verfügung stellen. … Teil dieser Tradition ist … das Bürgerbüro Stadtentwicklung. Es begleitet Planungsprozesse, regt zu Reflexion und Diskussion an, berät bei Stadtteilprojekten, informiert über Beteiligungsmethoden, initiiert Beteiligungsprojekte.“
Jetzt hätte ich mich über Beifall gefreut — und zumindest von der SPD erwartet. Wenigstens von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, müsste deutliche Zustimmung kommen. Denn: die letzten fünf Sätze sind Ihre Worte. Ich habe Sie wörtlich zitiert. Diese Sätze stammen aus Ihrem Vorwort zur Publikation „Werkstatt für Bürgerbeteiligung“. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Sie auch den nachfolgenden Satz schrieben bzw. unterschrieben. Ich zitiere: „Für die Arbeit des Bürgerbüros Stadtentwicklung … bedanke ich mich herzlich und wünsche für die Zukunft alles Gute.“
Lieber Herr Weil, gilt das jetzt alles nicht mehr? Oder konnten Sie mit Ihrer Position auch hier nicht landen bei den mehrheitssatten Ratsfraktionen von SPD und Grünen? Jedenfalls will ich nicht hoffen, dass Sie in die Fußstapfen eines Ex-Ministerpräsidenten und Ex-Bundespräsidenten treten wollen. Christian Wulff hat mit seinem Handeln unter dem Motto: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ größten politischen Flurschaden hinterlassen. Wollen Sie etwa schon vor einem möglichen Wahlsieg im Land diesen Weg beschreiten?
Die Bürgerinnen wollen ehrliche Politiker, keine Winkeladvokaten.
Und zur Ehrlichkeit gehört auch ein transparenter Haushalt. Es nützt wenig, wenn der Haushalt – teilweise – im Internet einsehbar ist. Zahlenkolonnen und lange Tabellen, umrahmt von Haushälter-Deutsch, versteht kein normaler Mensch. Warum gibt es keinen wirklich lesbaren Haushalt, also mit ausführlichen Erklärungen? Warum stellen wir die Zusammenhänge von Einnahmen und Ausgaben nicht im Detail dar? Warum erklären wir den Bürgern den Haushalt nicht so, dass jeder ihn uneingeschränkt verstehen kann?
Herrscht in diesem Saal und in der Verwaltung etwa Angst davor, dass die Bürger zu viel Kompetenz erhalten? Dass die Bürger möglicherweise eigene Ideen zum Umgang mit den vorhandenen Ressourcen entwickeln, die von unseren Ideen oder denen der Verwaltung abweichen?
Verehrter Herr Dr. Hansmann,
in etlichen anderen Städten gibt es bereits Bürgerhaushalte; diese haben teilweise Modellcharakter, sind unterschiedlich angelegt, aber zeigen im Ergebnis eines ganz deutlich: Die Bürger sind in ihrer Gesamtheit keineswegs so dumm, wie manche Verwaltung sie sieht, wie manche Politiker sie sehen wollen.
Herr Hansmann, von Ihnen kam im Jahr 2010 der Impuls für einen Strategiedialog über die Finanzkrise in der Stadt. Dies sehen wir als eine mehr oder weniger zaghafte Initiative für einen Bürgerhaushalt in Hannover. Sie wollten unsere Landeshauptstadt auch in diesem Bereich nach vorne bringen. Der Rat hat da in seiner Mehrheit leider nicht so recht mitgespielt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
der entsprechende Vorstoß der Verwaltung war richtig. Deswegen sollten wir überlegen, gemeinsam mit der Verwaltung weiter in diese Richtung zu gehen. Wir wissen sehr wohl, dass ein durchsetzungsfähiger Antrag in Hannover derzeit nur ein Antrag sein kann, der formell von SPD und Grünen angestoßen wird. Wir sind bereit, in dieser Frage konstruktiv mit allen zusammen zu arbeiten. Wir haben uns verschiedene Parteien angeschaut und gesehen: in vielen Parteien gibt es Bürgerhaushalt-Befürworter.
Geschätzte Grüne,
in vielen anderen Städten waren es Ihre Kolleginnen und Kollegen, die Initiativen für Bürgerhaushalte ergriffen haben, nur in Hannover ist von Ihnen nichts dergleichen zu entdecken. Herr Schlieckau, ausweislich der Protokolle des Verwaltungsausschusses und des Rates haben Sie vor rund fünf Jahren sinngemäß erklärt: Noch sei die Zeit in Hannover nicht reif für einen Bürgerhaushalt. Wann ist denn die Zeit reif, nach Ihrer Ansicht?
Wenn es in ganz Deutschland Bürgerhaushalte gibt und Hannover als Schlusslicht durchs Ziel läuft? Gibt es hier im Rat tatsächlich keine Mehrheit für einen Bürgerhaushalt? Das wollen wir nicht glauben. Also, packen wir es gemeinsam an, meine Damen und Herren, über Fraktionsgrenzen hinweg.
Dass ein fraktionsübergreifender Konsens notwendig ist, um in Hannover etwas zu erreichen, belegen auch die Erfahrungen mit der Haushaltsdiskussion. Wir finden sehr ehrenwert, dass beispielsweise die CDU-Fraktion sich an einem Gegenentwurf zum Haushalt abgearbeitet hat. Aber was nützt all die Mühe, wenn doch eh alles überstimmt wird? Auch die Linken können davon ein Lied singen.
Nicht zu vergessen — die Bezirksräte: Wir sind sehr gespannt, was heute im Rat mit all den Anträgen der Bezirksräte geschieht, die hier gesammelt auf dem Tisch liegen. Vor Ort, in den Bezirken, ist die größte Bürgernähe, dort ist die beste Chance auf Demokratie zum Anfassen. Natürlich hatten insbesondere die vielen neuen Bezirksratsmitglieder Schwierigkeiten, den Haushalt zu durchdringen.
Das trifft auf Mitglieder unserer Partei genauso zu wie auf die Neulinge aus den anderen Parteien. Gleichwohl haben viele engagierte Bezirksratsmitglieder sich aufwendig eingearbeitet und fundierte Änderungsanträge entwickelt. Vielfach entstanden so an der Bezirks-Basis partei- bzw. fraktionsübergreifend deutliche Mehrheiten. Aber was ist mit diesen Anträgen dann in den Ausschüssen passiert?
Meine Damen und Herren,
für uns ist die spannende Frage: Wird sich unser Rat heute mehrheitlich genauso verhalten, wie es in den vergangenen Jahren üblich war? In der Vergangenheit wurde das Meiste in den Ausschüssen und vom „Hohen Rat“ schnöde zur Kenntnis genommen. Und letztlich niedergestimmt.
Werden auch heute wieder all die Anträge und Vorschläge, die mit hoher Basiskompetenz entstanden sind, mehrheitlich schlicht zur Kenntnis genommen und abgelehnt?
Politik- und Politikerverdrossenheit, auch Parteienverdrossenheit, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat Wurzeln. Hier und heute liegt es an uns: Wollen wir die Abwendung der Bürger von unserem System weiter befördern? Oder reißen wir das Ruder endlich rum?
„Klarmachen zum Ändern!“ — Das ist unser Motto. Wir laden Sie herzlich ein, mit uns unter diesem Motto gemeinsam gegenzusteuern. Die politisch Interessierten würden es Ihnen danken. Und die Bezirksräte jedweder Couleur sowieso.
Ich komme zurück zum Rat:
Verehrte Oppositions-Kollegen von links bis rechts, bei fast allen von Ihnen gibt es Punkte, bei denen wir Ihnen zustimmen. Und welche, bei denen wir anderer Ansicht sind. So können wir etwa mit Ihrem oftmals arg platten Populismus, werte Hannoveraner, nichts anfangen. Mit Ihren Positionen wollen wir generell nicht identifiziert werden.
Auch von der FDP trennen uns Welten, zum Beispiel, was Ihre Vorstellungen zur Privatisierung anbelangt, zum Ausverkauf öffentlichen Eigentums.
Der Vorstellung der CDU in Hinsicht auf die Umgestaltung des Trammplatzes/Friedrichwalls können wir folgen, nicht aber Ihren Vorstellungen zum Raschplatzpavillon, verehrte Christdemokraten. Dieses Kulturzentrum, das vor vielen Jahren von einer Bürgerinitiative durchgesetzt wurde, teilweise gegen die herrschende Politik, zählt zu den Schätzen unserer Stadt. Und verdient unser aller Unterstützung. Ohne Einschränkungen!
Eine Bettensteuer übrigens, egal in welcher Höhe, sehen wir wie Sie von CDU und FDP, wie Sie, Herr Weil, eher skeptisch.
Und zur Grundsteuer darf ich erneut ein Zitat anbringen: „Die Erhöhung der Grundsteuer birgt die Gefahr in sich, dass sie von Haus- und Grundbesitzern auf die Miete abgewälzt werden kann. Solange es keine Einwirkung auf Möglichkeiten zur Verhinderung ungerechtfertigter Mieterhöhungen gibt, lehnt die“ — und jetzt sage ich erst mal: die XYZ-Fraktion — „eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes ab.“
Liebe Gäste, verehrte Damen und Herren,
raten Sie mal, von welcher Fraktion dieses Zitat stammt?
Ich darf es auflösen: Das Zitat stammt aus dem Jahr 1982. Es stammt von der GABL, genauer gesagt von Ludwig List, dem Mitbegründer der Grün-Alternativen-Bürgerliste, dem Vorläufer der heutigen Grünen-Fraktion.
Schon damals gab es in dieser Stadt ein Defizit, was die Einbeziehung der Bürger anbelangt. Und wenn ich schon bei der Historie bin, darf ich noch ein Zitat bringen, aus jenen Aufbruch-Jahren: „Wir werden keine etablierte Partei, auch die Grünen nicht. Wir werden im Grundsatz einer neuen Form in diesem Parlament weiterhin treu bleiben.“ So klangen die GABL-Vertreter im Jahr 1983. Das ist lange her, liebe Grüne. Wir dürfen Sie hier einmal an Ihre Wurzeln erinnern.
Luk List, unter diesem Namen kennen ihn hier im Saal viele, hat die GABL irgendwann verlassen. Sie wissen es: er war bis Ende Oktober 2011 Ratsherr, zuletzt bei der Links-Fraktion. Nun ist er raus.
Aber was ist aus denen geworden, die bei den Grünen blieben? Sie haben jede Wendung und Häutung der Grünen mitgemacht bis zur Dauer-Mitregentschaft im Rat. Sie bzw. ihre Nachfolger haben die Schließung von Bibliotheken mitgetragen, kämpfen nun am lautesten für die Bettensteuer und eine übermäßige Erhöhung der Grundsteuer.
Wie sieht Ihre „neue Form“ heute aus? Grüne Gründer verteidigen vehement das Kita-Essensgeld, sitzen selbst aber mittlerweile recht kommod an den Fleischtöpfen, manche auch an üppigen Vegetarier-Schüsseln mit viel Bio drin – in jedem Fall auf gut bezahlten Posten bei der Stadt- und Regionsverwaltung.
Damit bin ich — in gewisser Weise — beim Thema „Nachhaltigkeit“ angekommen.
Herr Oberbürgermeister,
in Ihrer Einbringungsrede hatten Sie das Thema Nachhaltigkeit als wichtigen Baustein der Stadtstrategie bezeichnet. Nachhaltigkeit fängt im Kleinen an, auch bei uns. Deswegen drängen sich uns auch Fragen auf, die Ihnen auf den ersten Blick vielleicht lächerlich erscheinen:
Eingangs hatte ich gesagt, dass uns pro Ratsmitglied zweieinhalb Kilogramm Papier belasten. Das sind der Haushaltsentwurf und das HSK VIII. Rechnen wir das zusammen und beziehen die Exemplare für die Bezirksratsfraktionen mit ein, kommen wir auf insgesamt rund 460 kg Papier.
Immerhin ist das Umweltpapier. Aber bei der Produktion wurden dennoch rund 500 kg des schädlichen Treibhausgases CO 2 freigesetzt. Und es wurden etwa 11.500 Liter Wasser benötigt. So viel verbraucht ein Erwachsener in einem Vierteljahr.
Und hier, meine Damen und Herren, schließt sich jetzt ein Kreis. Vorhin hatte ich darüber gesprochen, dass der Haushalt verständlicher werden muss, dass wir wirkliche Transparenz in diesen Vorgängen brauchen. Transparenz bedeutet auch Veröffentlichung, komplette Veröffentlichung im Internet. Wären der Haushalt und a l l e Informationen um ihn herum frühzeitig — und vollständig! — im Internet veröffentlicht, könnten auch wir selbst damit arbeiten. Wie viel weniger Papier hätte bedruckt werden müssen? Wie viel weniger Wasser wäre verbraucht worden …
Transparenz ist eine der Kernforderungen der Piratenpartei. Konsequente Transparenz ist nicht nur ein Instrument der Bürgerinformation und der Bürgerbeteiligung. Nein, konsequente Transparenz kann so auch ganz unerwartete Auswirkungen haben. Hier führt sie zu Ressourcenschonung und Umweltschutz.
Unsere Forderung nach Transparenz ist zugleich eine zeitgemäße Fortschreibung der Baumschutzsatzung, ist in mehrfacher Hinsicht unser Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Meine Damen und Herren,
nun habe ich Ihnen einiges dazu gesagt, was wir PIRATEN von den Vorgängen rund um den Haushalt halten, vom Großen und Ganzen und vom Allgemeinen. Aber, Hand aufs Herz — wie sieht es denn nun konkret aus mit den PIRATEN und dem Haushalt? Was sagen wir Politikneulinge denn nun zu all den vielen Vorschlägen, die da auf dem Tisch liegen? Zum Haushalt, zum Sicherungskonzept und zu all den Ergänzungsanträgen?
Wie Sie sich vorstellen können, ist das nicht ganz einfach. Ich hatte es schon gesagt: Wir sind Neulinge. Und wir geben offen zu, dass wir den Haushalt nicht voll durchdrungen haben.
Gleichwohl: Manches finden wir gut, mit manchem haben wir Probleme.
Wir haben uns deshalb entschlossen, in diesem — unserem ersten – Jahr, hier im Rat den Joker zu ziehen. Wir werden uns zum Haushalt selbst der Stimme enthalten. Hingegen werden wir dem Haushaltssicherungskonzept zustimmen, wenn auch mit Bauchschmerzen.
Dort halten wir die grundsätzliche Richtung, mit der das Haushaltsergebnis verbessert werden soll, auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit für gerade noch vertretbar — auch wenn in vielen Einzelpunkten unsere Fragezeichen bleiben.
Die kommenden Monate und Jahre werden wir sehr aufmerksam verfolgen. Seien Sie versichert: So einfach wie diesmal kommen Sie uns in Zukunft nicht davon.
Vielen Dank.
Hallo Dirk,
glaubhaft, glaubwürdig und rhetorisch gelungen. Glückwunsch und weiter so.
80/20 Prinzip politisch gut umgesetzt. Aber auch 20 % machen Arbeit, die Dir / Euch als Ehrenamt nur schlecht genug pekuniär entlohnt werden.
Umso mehr Respekt vor der gelungenen Leistung.
Das Ehrenamt, das Bürger im Kommunalparlament ausüben sollen, ist in den heutigen kommunalverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen die Aufforderung zur Selbstausbeutung.
Da hat der BPräs.-Kandidat Gauck wohl recht — zu rechtfertigen nur aus „Freiheit in angenommener Verantwortung”.
eine sehr lesenswerte Rede, sehr schön sind die vielen kleinen Querverweise und Spitzen zu den anderen Parteien. Besonders das Zitat des OB 😉
wirklich eine tolle Rede, Hut ab. Jürgen du hast ja super Zitate und Fakten aus der Veranagenheit mit eingebracht. Wir haben wirklich Glück dich alten hannoverischen Hasen im Rat sitzen zuhaben. Danke!