Affront von SPD und Grünen gegen den Stadtteil Linden: Die Mehrheit des hannoverschen Stadtrats sieht keine Notwendigkeit, die Probleme rund um den Treffpunkt Allerweg in Linden-Süd endlich anzupacken. In der Haushaltssitzung am 21. Februar 2013 wurde ein Antrag der PIRATEN-Fraktion abgelehnt, noch im laufenden Jahr Gelder zur Umsetzung eines neuen Nutzungs- und Sanierungskonzeptes bereitzustellen.
Zuvor war ein einstimmig vom Bezirksrat Linden-Limmer beschlossener Antrag zur bedarfsgerechten Fortentwicklung des Treffpunktes Allerweg im Jugendhilfeausschuss gescheitert. Wegen der drängenden Probleme setzte die PIRATEN-Fraktion das Anliegen des Bezirksrates im Rahmen der Haushaltsberatungen erneut auf die Tagesordnung.
„Seit vier Jahren kämpft der Bezirksrat für eine Lösung beim Treffpunkt Allerweg und wird immer wieder aufs Neue vertröstet”, kritisiert PIRATEN-Fraktionsvorsitzender Dr. Jürgen Junghänel. „Wie lange soll diese Verzögerungstaktik von SPD und Grünen denn noch weitergehen?” fragte der Ratsherr, zugleich beratendes Mitglied im Stadtbezirksrat.
Äußerst unzufrieden ist auch Bezirks-PIRAT Andis Rava: „Die Verwaltung hat in ihrem Stadtteilkonzept für die Kinder- und Jugendarbeit besonderen Handlungsbedarf für Linden-Süd festgestellt. Aufgrund der sich immer weiter zuspitzenden Situation habe ich keinerlei Verständnis dafür, dass SPD und Grüne im Stadtrat gegen den Beschluss ihrer eigenen Bezirksratspolitiker stimmen”, so der Mitinitiator einer kürzlich durchgeführten Anhörung zum Thema im Stadtbezirksrat. Seine Prognose: „Zwar tauchen die Kosten für die Sanierung nun nicht im Haushalt 2013 auf, aber Hannovers Bürger werden die Folgekosten für eine schlecht finanzierte Kinder- und Jugendarbeit mit Sicherheit später zu tragen haben.”
„Bei aller Detailkritik positiver Gesamteindruck“
Bezirksrat Marc Herrmann zu Besuch im Logistikzentrum des Versandhändlers in Bad Hersfeld
Das Versandhandelsunternehmens Amazon gilt als interessiert, sich in Hannover im Bereich der ehemaligen EXPO-Parkplätze mit einem Versandzentrum anzusiedeln. Vor diesem Hintergrund lud der international agierende Internet-Händler Mitte Mai Vertreter aller Ratsfraktionen gemeinsam mit den Bürgermeistern der betroffenen Bezirke Döhren-Wülfel und Kirchrode-Bemerode-Wülferode sowie auch Mitglieder der ansiedlungskritischen Bürgerinitiative pro.kronsberg zu einem Besuch des Amazon-Distributionszentrum in Bad Hersfeld ein. Für die PIRATEN-Fraktion war Marc Herrmann mit dabei. Nachfolgend berichtet der Bezirks-PIRAT aus Döhren-Wülfel über den Besuch.
„Ursprünglich war nicht vorgesehen, dass ich als Bezirksrat aus Döhren-Wülfel mit nach Bad Hersfeld fahre. Die Einladung für diese Besichtigung war an die PIRATEN-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover gerichtet. Weil ich vor Ort intensiv mit der Thematik befasst bin, hatte die Ratsfraktion mich als Mitfahrer vorgeschlagen. Die PIRATEN waren die einzigen, die ein Bezirksratsmitglied zur Mitfahrt nominiert hatten …
Am 15. Mai starteten wir pünktlich um 8.45 Uhr mit einem Bus vor dem Neuen Rathaus in Hannover und erreichten um 11.38 Uhr unser Ziel, das Logistikcenter mit der Werksbezeichnung FRA3 (Amazon ist mit zwei Logistikzentren in Bad Hersfeld angesiedelt).
Als Erstes fiel der Kindergarten „Amazonia“ auf, der direkt neben dem Logistikzentrum eigens für die Kinder der Mitarbeiter von Amazon gebaut wurde. Betrieben wird er aber ohne finanzielle Beteiligung von Amazon, wie wir vor Ort hörten, was zu hohen Gebühren und geringer Belegung führt. (1)
Als Nächstes fiel der Solarpark auf. Rund um das Gebäude stehen zahlreiche sogenannte Solarbäume. Die Platzierung einer Fotovoltaikanlage auf dem Gebäudedach, wie ursprünglich für Hannover angedacht, ist schon aufgrund dessen Leichtbauweise nicht möglich, erfuhren wir vor Ort.
Solarbäume bei Amazon — Foto: Marc Hermann
Nach einer kurzen Begrüßung durch Raimund Paetzmann, Europa-Direktor für Bau und Immobilien des Internet-Versandhändlers, und Armin Cossmann, Leiter der deutschen Amazon-Logistikzentren, in einem Meetingraum namens „Johnny Cash“ (direkt daneben befindet sich ein weiterer Meetingraum namens „Freddy Mercury“) begann die Führung durch das Unternehmen.
Als Besucher bekamen wir den Eindruck eines vergleichsweise entspannten Arbeitsklimas. Einige Teilnehmer unserer Besuchergruppe hatten mehr Hektik an den Arbeitsplätzen erwartet. Die grundsätzliche Möglichkeit zum Gespräch mit den Mitarbeitern nutzte niemand aus der Gruppe, mit der ich unterwegs war. Wohl allen war klar, dass die Arbeitsbedingungen bei Amazon sicherlich besser sein könnten. (2) Aber ebenso klar war, dass dieses Thema nicht durch ein Verbot der Ansiedlung in Hannover reguliert werden kann, sondern auf anderen Ebenen zu klären ist.
Fotos: Marc Hermann — Relativ entspanntes Arbeitsklima …
Nach Angaben der Amazon-Personalabteilung greift das Unternehmen so gut wie nie auf Zeitarbeitsfirmen zu. Dagegen stehen Berichte in Medien. (3) Außerhalb der Saison beschäftige Amazon fast ausschließlich Mitarbeiter mit unbefristeten Arbeitsverträgen, so die offizielle Amazon-Aussage.
… im Amazon-Logistikzentrum Bad Hersfeld.
Das wirtschaftsnahe Internetportal karriere.de hat an Amazon das Gütesiegel „Fair Company“ verliehen, welches eine Auszeichnung für Unternehmen darstellen soll, die sich gegen die Ausbeutung der sogenannten Generation Praktikum aussprechen und auch danach handeln. Weiter erhielt Amazon die Zertifizierung „top Arbeitgeber 2012“. (4)
An einigen Standorten gibt es für die Amazon-Mitarbeiter sogenannte Jobtickets. So etwas wäre im Fall einer Ansiedlung in Hannover auch für unseren Standort wünschenswert, vor allem aus verkehrs- und umweltpolitischen Gründen.
Für den Standort Hannover konnten wir noch in Erfahrung bringen, dass es für Amazon aus logistischen Gründen nicht möglich ist, den an- und abfahrenden Lieferverkehr nur auf eine Seite der Halle zu verlegen, so wie es sich die Bürgerinitiative pro.kronsberg wünscht.
Im Abschlussgespräch erklärte Amazon-Vertreter Armin Cossmann, das Unternehmen wolle nach wie vor nicht offiziell Interesse an einer Ansiedlung in Hannover vermelden. Man werde sich dergestalt erst dann äußern, wenn sich der Standort entsprechend der Wünsche von Amazon entwickele – das heißt also im Klartext, wenn der entsprechende Bebauungsplan beschlossen worden ist. Ab baurechtlicher Genehmigung würde Amazon 12 Monate bis zur Realisierung der Logistikhalle benötigen, erklärte der Amazon-Vertreter zum Schluss des Gespräches.
Um 18:20 Uhr endete die Informationsfahrt wieder vor dem neuen Rathaus in Hannover.
Bei aller Detailkritik hat der Besuch in Bad Hersfeld bei den meisten Reiseteilnehmern einen positiven Gesamteindruck bezüglich des Unternehmens Amazon hinterlassen, auch bei mir.“
(4) Die Zertifizierung findet man hier: http://bit.ly/LAABq0 — Zum Hintergrund der Zertifizierung sei zusätzlich auf einen Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2010 hingewiesen: http://bit.ly/aAQEyV
PIRATEN-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover