Vor dem Hintergrund kompromisslerischer Koalitions-Planungen von Grünen und SPD zur D‑Linie hat die PIRATEN-Fraktion am 4. März 2013 für die kommende Ratsversammlung eine Aktuelle Stunde beantragt. Der Wortlaut:
„Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde
Mittels Medienäußerung hat ein Verkehrspolitiker der sogenannten Mehrheitskoalition im Juni 2012 die Idee propagiert, in Hannover umfängliche Tempo-30-Einschränkungen vorzugeben. Das führte zu einer kontroversen Diskussion in- wie außerhalb des Rathauses. Nach einem Beitrag in der Neuen Presse vom 19. Juni 2012 betrachten fast alle Fraktionen den Plan zur vielfältigsten Vorgabe von Tempo 30 in Hannover mit Skepsis, während ein Teil der sog. Mehrheitskoalition diesen begeistert begrüßt. Als wesentliche Gründe für die Tempo-Begrenzungs-Begeisterung wurde der Glaube genannt, allgemeinverbindliche Tempo-30-Vorschriften bewirkten einen besseren Verkehrsfluss, eine höhere Verkehrssicherheit und einen niedrigeren Schadstoffausstoß. Im Kontext erhofft sich besagter Verkehrspolitiker laut NP-Bericht zudem die Chance auf einen „massiven Rückbau von Ampeln“.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
1. Inwieweit kann die Verwaltung den Gedankengang nachvollziehen, dass in Hannover durch eine weitgehende Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h tatsächlich der Schadstoffausstoß gesenkt, der Verkehr verflüssigt und außerdem die Verkehrssicherheit erhöht würde?
2. Sieht die Verwaltung einen Zusammenhang zwischen einer Einführung von Tempo-30-Zonen und einem Rückbau von Ampeln? (Wenn Ja, welchen und wenn Nein, warum nicht?)
3. In welchen Fällen und nach welchen Kriterien können wie viele der rund 500 Lichtsignalanlagen in Hannover zurückgebaut werden?
Die Stadtverwaltung hat die Anfrage in der Ratsversammlung am 12. Juli 2012 beantwortet. Nachzulesen ist das Ganze in Drs. 1629/2012 F1 bzw. unter folgendem Link:
Symbolträchtiger Stich mit Spaten durch OB Weil
PIRATEN-Ratsherr Hillbrecht kritisiert Konzept zu Klagesmarkt und Kreisel
Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil und Baudezernent Uwe Bodemann legten am heutigen Montag (4. Juni 2012) selbst Hand an: Mit einem sogenannten symbolischen Spatenstich inszenierten sie den ersten Schritt zur Abschaffung des Kreisels am Klagesmarkt. „Unter Verschwendung öffentlicher Gelder vernichtet die Stadt Hannover einen gut funktionierenden Verkehrsknotenpunkt”, bilanziert Dirk Hillbrecht, verkehrspolitischer Sprecher der PIRATEN-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt. „Bisher kamen dort alle Verkehrsteilnehmer ohne Wartezeiten von überall nach überall, künftig wird der Verkehrsfluss ohne Not durch eine T‑Kreuzung mit Ampeln gestoppt”, so Hillbrecht
„KREISEL SIND BESSER!” — Mit diesem Slogan bringt Ratsherr Dirk Hillbrecht beim sogenannten ersten Spatenstich den PIRATEN-Protest gegen die Abschaffung des Kreisels am Klagesmarkt zum Ausdruck …
Als wichtiges Argument nennen die Ampelbefürworter offiziell eine angeblich notwendige Erhöhung der Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer. Aus PIRATEN-Sicht ist dies nicht stichhaltig: „Die Unfallzahlen sind bei einem Knoten mit dieser Belastung im Vergleich noch angemessen”, sagt Hillbrecht unter Bezug auf entsprechende amtliche Ausführungen im Stadtbezirksrat Mitte. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sieht dies so: „Spätestens seit den Neu-Markierungen im Kreisel ist auch die Unfallgefahr zurückgegangen”, stellte der ADFC-Regionsverband kürzlich in seiner Verbandszeitschrift (Ausgabe 2/2011) fest. Der Titel des Beitrags lautete: „Klagesmarkt: 6‑Mio.-Umbau zu Lasten der Radfahrer.”
Städtischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Verwaltung seit langem die Abschaffung des Klagesmarktkreisels plant. Das Verwaltungs-Vorhaben soll nun im Rahmen des Projektes „HannoverCity 2020+” unter Einsatz von millionenschweren Fördermitteln der Europäischen Union umgesetzt werden. „Zur Teilnahme an dem seit 2008 laufenden Planungsprozess wurden neben der Verwaltung vor allem Wirtschaftsvertreter und sogenannte Fachleute eingeladen, Betroffene wie der ADFC aber nicht in die Detailplanung einbezogen“, kritisiert Hillbrecht. „Es ist zu fragen, warum”, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
Städtischen Planungen zufolge soll der Klagesmarkt demnächst bebaut werden. Die PIRATEN unterstützen gemeinsam mit Attac und weiteren politischen Kräften das „Aktionsbündnis Neuer Klagesmarkt”, das sich gegen die Pläne zur Privatisierung des öffentlichen Areals in der hannoverschen Innenstadt wendet.
… und wird dabei unterstützt von PIRATEN aus Hannover und dem Umland. Fotos: Hendrik de Boer
Rede von Dirk Hillbrecht im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema „Reizthemen Cityring, Podbi und mehr: Was tut Hannover eigentlich für die Autofahrer?”, beantragt von der Fraktion „Die Hannoveraner”.
Mitschnitt der aktuellen Stunde von h1, Redebeitrag von Dirk Hillbrecht ab 23:30Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
Fragen wir nicht, was Hannover eigentlich für „die Autofahrer“ tut. Fragen wir lieber: Was können „die Autofahrer“ eigentlich für Hannover tun?
Einseitige Thesen wie: „Reizthemen Cityring, Podbi und mehr: Was tut Hannover eigentlich für die Autofahrer?“ bringen uns nicht weiter.
Für ein harmonisches Miteinander ist eine Spaltung in „die Autofahrer“, „die Radfahrer“, „die Fußgänger“ und so weiter nicht zielführend. Es käme ja schließlich auch niemand auf die Idee, zwei Personen, die sich im Rat „Die Hannoveraner“ nennen, mit allen Einwohnerinnen und Einwohnern Hannovers gleichzusetzen.
Meine Damen und Herren, die Stadtentwicklung ist im Wandel. Der Anteil der Nutzer des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs sowie der Radfahrer am Gesamtverkehr soll erhöht werden. Ein wichtiges Ziel, denn nur so bleibt auf den Straßen überhaupt Platz für den Autoverkehr. Und was noch wichtiger ist: Nur so können ansprechende Verkehrsräume für die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer, auch Fußgänger, entstehen.
Der Masterplan Mobilität 2025 versucht eine solche langfristige Gesamtplanung darzustellen. Dies ist ein guter Ansatz, denn viele Faktoren bedingen sich gegenseitig. Ziel sollte es sein, den Verkehrsraum als Lebensraum zu gestalten, in dem sich alle Menschen wohlfühlen und an ihm teilhaben können.
Die Frage: „Was tut Hannover eigentlich für die Autofahrer?“ unterstellt, dass es momentan Probleme gäbe. Ist das so?
Schauen wir uns das doch mal am Beispiel eines Autos in Hannover an: Da startet so ein armes, kleines, benachteiligtes Auto mit seinem Fahrer morgens in den hannoverschen Verkehrsdschungel. Wenn es ihm gelingt, den metertiefen Schlaglöchern zu trotzen, trifft es nur Sekunden später auf überlastete Abbiegespuren. — Und muss an großen Knotenpunkten wie dem Aegi oder am Raschplatz ewig warten, denn gefühlt fahren doch immer die anderen zuerst. Vor allem diese nervigen Radfahrer! Als ob durch die Baustellen an jeder Ecke nicht schon genug Zeit verloren ginge!
Da sucht sich unser armer Autofahrer doch lieber einen ruhigen, geschützten Platz auf einer schönen Parkpalette am Maschsee, oder in einer Tiefgarage in der Südstadt, um in Ruhe über den fließenden Verkehr fluchen zu können. Und wie gern würde unser armer Autofahrer sein liebes Fahrzeug mal wieder so richtig herausputzen und am Straßenrand waschen — allein deswegen schon, um mit Leidensgenossen ins Gespräch zu kommen. Denn geteiltes Leid ist bekanntermaßen halbes Leid. Doch selbst das wird einem heute nicht mehr gegönnt. Ja, wo bleiben denn da bloß die guten alten Werte? — Zum Glück sind es immer „die Anderen“, die bei Bedarf gegen den Fortschritt sind.
Leistungsfähige Magistralen, das Schnellwegenetz, das Stadtteile untereinander und Stadt mit Umland schnell und direkt verbindet, oder die unmittelbare Anbindung an die A2 und A7, zwei der wichtigsten Autobahnen Deutschlands – das sind Kleinigkeiten, die schon mal in Vergessenheit geraten können, wenn es um das Auto der „Hannoveraner“ geht.
Ein Radfahrer wiederum fühlt sich vielleicht von den lauten Autos bedrängt, wünscht sich breitere Radwege. Und ist genervt von den langen Wartezeiten vor den vielen Ampeln. Denn: Auch für ihn dürfen „gefühlt“ immer die Anderen zuerst fahren. Andererseits freut er sich auf die erholsame Fahrt durch die Eilenriede, die vielen Möglichkeiten sein Fahrrad sicher anzuschließen, oder es auch mal in der Bahn mitzunehmen.
Jemand, dem gerade die Straßenbahn vor der Nase weggefahren ist, flucht über die üstra, während die Fahrgäste in der Bahn sich über die Vorrangschaltung freuen, die andere Verkehrsteilnehmer wiederum verärgert. Ich könnte diese Liste jetzt beliebig weiterführen, hoffe aber, das Prinzip ist klar geworden.
Meine Damen und Herren, die Frage zu dieser Aktuellen Stunde wurde falsch gestellt. Öffentlicher Raum ist begrenzt. Es allen Verkehrsteilnehmern immer recht zu machen, das ist nicht möglich. Schändlich aber, meine Herren Hannoveraner, schändlich ist es, die verschiedenen Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen zu wollen!
Die Frage kann doch nur lauten: Wie gestalten wir unsere Stadt, unsere Verkehrswege so, dass wir alle hier gut leben können? Autofahrer, aber auch Radfahrer, Motorradfahrer, der Öffentliche Personennahverkehr — und natürlich Fußgänger, große und kleine, alte und junge – alle eben!
Der erste Paragraf der Straßenverkehrsordnung drückt das zeitlos und schlicht aus. Dort heißt es: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Und: „Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen -
Ach ja: Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass der D‑Tunnel gebaut werden muss!
Vielen Dank!
PIRATEN-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover